Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe

Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe

Band I


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Aus dem Jahre 1794




Schmuck Löwe



(Leere Seite)




Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe


Mit Einführung von Houston Stewart Chamberlain


Erster Band


Hermes 

Verlegt bei Eugen Diederichs Jena 1905




Die Vignette des Titels — der genius der Unsterblichkeit — stammt aus einem Relief vom Sockel der Ehrensäule Antonins und ist dem Werke von A. Hirt: „Bilderbuch für Mythologie“ usw., 2. Heft Tafel XVI entnommen (Berlin 1805). Der Schmuck des Buches ist von E. R. Weiß gezeichnet.

I


Schmuck

Zur Einführung

    Seinen Briefwechsel mit Schiller gab Goethe in den Jahren 1828 und 1829 heraus. Von dem Tage des Erscheinens an galt diese Veröffentlichung als ein wichtigstes Denkmal in der Geschichte der deutschen Literatur. Goethe selber schreibt darüber (Brief an Zelter vom 30. 10. 1824): „Es wird eine große Gabe sein, die den Deutschen, ja ich darf wohl sagen den Menschen geboten wird.“ Für uns Heutige bleibt also nichts zu entdecken: wir können uns nur dem Urteile der früheren Geschlechter anschließen. Doch läßt sich eines nicht leugnen: der Zeiten Lauf ändert die Perspektive, in welcher Erscheinungen von bleibender Bedeutung erblickt werden, und so wird es immer von neuem nötig, oder wenigstens nützlich, sich genau zu überlegen, was die Gegenwart an ihnen besitzt, wie sie diesen Besitz einschätzt, wie sie ihn deutet und verwertet. Nichts weiter als dies bezwecken folgende einleitende Zeilen.
    Allerdings kann keiner behaupten: ich bin die Gegenwart; ein jeder aber trägt das Gepräge seiner Zeit; mag er noch so individuell fühlen und reden, er ist doch einer unter vielen, und viele sind es, die in dem einen zu Worte kommen. Wäre das nicht der Fall, kein Vernünftiger würde es wagen, einem Werke wie dem vorliegenden eine Einleitung voranzuschicken.

II Zur Einführung

    Wie hat nicht die Wertschätzung Schiller's und die Goethe's im Laufe der hundert Jahre gewechselt, die uns heute von Schiller's Tode trennen! Dies im einzelnen zu verfolgen, wäre keine herzerquickende Beschäftigung; denn zur üblichen Verkennung und Verballhornung des Genies tritt hier die eigentümliche und perverse Neigung, einen der beiden gegen den andern auszuspielen. Dies hat sehr früh begonnen. Schon 1825 klagt Goethe: „Nun streitet sich das Publikum seit zwanzig Jahren, wer größer sei, Schiller oder ich; und sie sollten sich freuen, daß überall ein paar Kerle da sind, worüber sie streiten können“ (Eckermann 12. 5. 1825). Wohl hat es deutsche Gelehrte gegeben, Gelehrte von Ruf (hier wenn irgendwo darf man sagen: nomina sunt odiosa) die dem Nachweis, sowohl Goethe wie Schiller seien talentlos gewesen, dicke Bücher gewidmet haben; doch blieb eine derartige Urteilslosigkeit immerhin vereinzelt und ziemlich wirkungslos; verderblich dagegen war und ist die allgemeine Neigung, Goethe auf Kosten Schiller's, oder umgekehrt Schiller auf Kosten Goethe's in den Himmel zu erheben. Ich spreche gewiß im Namen der Gegenwart, wenn ich sage: diesem Unwesen sind wir entschlossen ein Ende zu machen; wir wollen nicht zu wählen haben zwischen Schiller und Goethe, sondern wir wollen uns beide anzueignen Suchen: Goethe   u n d   Schiller. Uns ahnt schon deutlich: wer nicht beide besitzt, besitzt keinen von beiden. „Einer ist ohne den andern nicht zu verstehen“, schreibt Goethe von sich und Schiller (Brief an Boisserée vom 29. 9. 1826). Wer da wählt, bewegt sich ganz an der Oberfläche; er ist das willenlose Werkzeug gewisser Sympathien und Antipathien; die Nerven, die Epidermis, die allgemeine phy-

III Zur Einführung
sische Beanlagung entscheiden, nicht das zugleich unbestechliche und generöse Urteil des freien, sich selbst beherrschenden Verstandes. Wo gäbe es ein Verstehen, wenn nicht der Empfangende dem Gebenden auf halbem Wege entgegenkommt? Was wäre ein passives, rein leidendes Verstehen? Zu   b e m ü h e n   haben wir uns, wollen wir höchsten Phänomenen der Geisteswelt auch nur einigermaßen gerecht werden; das zu tun, ist unsere Pflicht; das bloße Gefallen hat nur für trivialere Dinge Geltung. Dieser Schiller, für den die einen mit einem geringschätzenden Seitenblick auf Goethe schwärmen, dieser Goethe, den die Schillerverächter hochpreisen: das ist ja gar nicht der wahre Schiller und der wahre Goethe; vielmehr sind es Truggebilde, bloße Schemen für gewisse allgemeine Richtungen, Worte, nicht Gestalten. Goethe und Schiller waren beide weit größer, als eine Überlieferung sie macht, in der alles Lebensblut zu harter Kruste gerinnt und zusammenschrumpft; an allen Seiten brachen sie hinaus über die Linien und Ecken des Gewohnheitsmäßigen, leicht Verständlichen. Darum aber ist es schwer, sie zu kennen, sehr schwer; mit ein bißchen Sympathie und Antipathie kommt man da nicht weit; es erfordert heiligen Ernst, es erfordert harte Arbeit, es erfordert jahrelanges liebevolles Versenken. Goethe ist wie die Natur: in ihm verschmelzen alle Widersprüche zu organischer Einheit, täglich kann man an ihm Neues entdecken, er ist nicht auszukennen, er sprengt jeden begrifflichen Ausdruck; wie ein vollendetes Kunstwerk ist Schiller: aus der machtvoll gedrungenen Einheitlichkeit in Gestalt und Ausdruck schießen die Strahlen nach allen Seiten hin; wer nur die landläufige Idealgestalt des dithyrambischen Dichters kennt,

IV Zur Einführung
wird viele Überraschungen erleben, wenn er den abstrakt-philosophischen, den klug-praktischen, den überlegt-diplomatischen Schiller entdeckt; je länger man diese Erscheinung betrachtet, um so unerschöpflicher — wie ein Werk der Kunst — dünkt einen ihre Bedeutung. Wenn auf irgend etwas, dann wahrlich hat auf Schiller und auf Goethe das vielangeführte Wort Anwendung:

Was du ererbt von deinen Vätern hast,
E r w i r b   es, um es zu besitzen.

    Solche Erkenntnisse saugt man nicht mit der Muttermilch ein, und kein Wahngedanke ist hohler als der, es genüge, ein Deutscher zu sein, um Goethe und Schiller gleichsam sympathetisch zu verstehen. Haben sie sich doch selber gegenseitig im Anfang nicht verstanden, sondern dieses Verständnis erst im Laufe der Jahre erworben.
    In dem Briefwechsel besitzen wir nun, wenn auch nicht ein ganzes, lückenloses Zeugnis, so doch ein wichtigstes Dokument über diese gegenseitige Verständigung, über dieses gegenseitige Eindringen eines jeden der beiden in die Eigenart des anderen. Kein bisheriger Forscher führt so tief in die Erkenntnis der Eigenart Goethe's ein, wie Schiller. Man lese nur seinen Brief an Goethe vom 23. August 1794! der Brief, von dem Goethe sagt: „Sie ziehen in ihm mit freundschaftlicher Hand die Summe meiner Existenz.“ Wie immer, so auch hier ist Goethe schwerer zu verwerten, weil er weniger logisch-didaktisch zu Werke geht; doch sicher ist, daß er, mehr als irgend ein anderer Sterblicher, das ganze Wesen Schiller's erfaßt, umfaßt und innig bewundert hat.

Er glänzt uns vor, wie ein Komet entschwindend,
Unendlich Licht mit seinem Licht verbindend.

V Zur Einführung
    Jeder der beiden drang aber von einer anderen Seite in das Verständnis des Freundes ein. Erst die genauere Einsicht in die dichterische und überhaupt in die schöpferische Reingewalt Goethe's hat Schiller gelehrt, den   M e n s c h e n   Goethe — der ihm anfangs nicht durchwegs sympathisch gewesen war — auf seinen Wert zu schätzen; erst die Berührung mit dem Menschen Schiller, die Erfahrung des erhabenen Zaubers, den sein innerstes Geistesleben auf alle ausübte, die fähig waren, ihn zu verstehen, erst dieses rein Persönliche eröffnete Goethen das Verständnis für die   D i c h t u n g e n   seines Freundes, deren Art so weit von der seinen abwich, daß sie im ersten Augenblick fast abstoßend auf ihn gewirkt hatten. So stehen sich die beiden antithetisch gegenüber. Darum — sobald sie sich klar erblickt haben — wird jeder dem andern zuerst der interessanteste Gegenstand der Welt, später der geschätzteste, bewundertste Freund. „Geliebt“ wäre vielleicht nicht der richtige Ausdruck; es handelt sich um mehr und um weniger als Liebe; gerade daß sie infolge ihres ganzen Wesens einander immer in einer gewissen Entfernung gegenüberstanden, verleiht der Freundschaft zwischen Goethe und Schiller einen unvergleichlichen Zug der Würde und macht zugleich, daß jeder den anderen wenn nicht lückenlos, so doch schattenlos übersieht.
    Aus diesen verschiedenen Erwägungen ergibt sich der wahre Wert des Briefwechsels für uns alle: nicht nur ergänzt er in köstlicher Weise, was wir sonst über Schiller und über Goethe — über ihr Leben und über ihre Anschauungen — wissen, sondern wir lernen hier jeden der beiden großen Männer an   d e m   a n d e r e n   erkennen, und gerade dies bedeutet für unsere Kultur als ganzes sowie für die Kultur jedes einzelnen unter uns einen unschätzbaren Gewinn.

VI Zur Einführung
    Das allmähliche Werden dieses einzigen Verhältnisses, der Umschwung aus dem Gemisch von Anerkennung und Verkennung zu Verständnis, Bewunderung und Freundschaft geht nun zum großen Teile dem Briefwechsel voraus; es ist darum nötig, will man ihn verstehen, zuerst über das Vorhergegangene richtige und deutliche Vorstellungen zu besitzen. Nur dann kann es gelingen, den Briefwechsel in dem angedeuteten Sinne, nicht als Geschichte und Wissenschaft, sondern zur Bereicherung des eigenen Innern durch die Teilnahme an lebendigen, halb verborgenen Seelenvorgängen in dem Busen unsterblicher Männer zu verwerten.
    Dazu will ich in aller Kürze einige leitende Grundgedanken geben.

    Am 7. September 1788 begegneten sich Goethe und Schiller zum ersten Male.
    In Weimar sah man dieser Begegnung mit einiger Spannung entgegen; sie geschah nicht unerwartet, ebensowenig geschah sie aus spontanem Antrieb, vielmehr war sie von anderen Personen eingeleitet und bewerkstelligt; darum stand sie unter einem ungünstigen Sterne. Zwei Männer, die auf einsamer Höhe sich sofort erkannt hätten, mußten einander auf dem Boden der anständigen Mittelmäßigkeit entgegentreten, mußten mit Damen und Herren „konversieren“, mußten tun, als wüßten sie nicht, daß diese überflüssigen Dritten auf ihre Begegnung und auf den Eindruck, den ein jeder Dichter vom anderen erhalten würde, voll Neugierde harrten; ein jeder wußte sich beobachtet und wollte selber beobachten; es fehlte die Un-

VII Zur Einführung

befangenheit, es fehlte die Größe. So fand sich denn ein jeder in seinen vorgefaßten Meinungen und in den Vorurteilen seiner Umgebung bestärkt, und beide standen sich nach der Begegnung ferner als vorher.
    Um hierüber Klarheit zu gewinnen, wollen wir uns fragen, in welcher allgemeinen Geistesverfassung sie an diesem 7. September 1788 einander entgegengetreten sind; jedenfalls war sie auf beiden Seiten eine ganz verschiedene.
    Schiller ist am 10. November 1759, Goethe am 28. August 1749 geboren; Schiller war also zehn Jahre jünger als Goethe; zur Zeit als die hinreißenden Jugendwerke Goethe's,   G ö t z   v o n   B e r l i c h i n g e n   (1773)   und   W e r t h e r s   L e i d e n   (1774)   erschienen, war Schiller noch ein Knabe; diese Dichtungen gehörten zu seinen ersten großen Lebenseindrücken; er bewahrte sie im Herzen, er lebte ihnen nach, er dichtete ihnen nach — wenn auch auf seine Weise. Darum war es ein denkwürdiger Tag für ihn gewesen, als am 14. Dezember 1779 der Herzog von Weimar die Karlsschule besuchte und in seinem Gefolge Goethe erschien — der schon weltberühmte Dichter, der Fürstenfreund, der Minister, der Vertraute aller bedeutenden deutschen Männer. Mit welchem Herzklopfen mag Schiller hinaufgeschaut haben zu dem Hochsitz, wo der Dichter inmitten der Fürsten saß! Wohl sah Schiller schärfer als viele Zeitgenossen und erblickte in Goethe nicht die „olympische Gestalt“, die man schon damals dem weder großen noch frei sich bewegenden Manne anzudichten beliebte: „Sein erster Anblick stimmte die hohe Meinung ziemlich tief herunter, die man mir von dieser anziehenden und schönen Figur beigebracht hatte“: so be-

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kennt Schiller später; „Goethe ist von mittlerer Größe, trägt sich steif und geht auch so.“ Doch das klopfende Herz hatte besser geurteilt als das prüfende Auge: Goethe war ihm ein Höchstes geblieben. Inzwischen hatte nun Schiller seinen stürmischen Lebensweg angetreten. Gewaltsam hatte er die Ketten des hemmenden Zwanges zerrissen, kühn jeder konventionellen Lüge den Krieg erklärt, heldenmütig der Not getrotzt. Zehn Jahre machten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine lange Zeit aus; zehn Jahre später als Goethe geboren, geriet Schiller gerade in den empfänglichsten Jugendjahren und noch ohne jeden Ballast an Lebens- und Menschenerfahrung in den brausenden Strom der heraufziehenden Revolutionsideen; wogegen Goethe damals schon Staatsmann war, für wichtige Fürsten- und Landesinteressen die Verantwortung trug und alle diese Bewegungen darum aus einem anderen Gesichtswinkel erblicken mußte. Später wurde es immer klarer, und Goethe selber hat es ausgesprochen (Eckermann 4. 1. 1824), daß von den beiden Schiller seinem ganzen Wesen nach der eigentliche Aristokrat war; doch vorderhand war es Schiller — nicht Goethe —‚ der mit Werther rief: „Das ist eine Närrin, die sich auf das bißchen Adel Wunderstreiche einbildet!“ und mit Götz: „Es lebe die Freiheit! Und wenn die uns überlebt, können wir ruhig sterben.“ So dem Zeitgeist genau seinen Ausdruck verleihend, hatte der jugendliche Schiller, mehr noch vielleicht als seinerzeit der jugendliche Goethe, mit seinen Erstlingswerken — d i e   R ä u b e r,   F i e s c o,   K a b a l e   u n d   L i e b e — das ganze deutsche Volk aufgerüttelt. Werther war ein Buch, ein Buch, das man unter dem Baume oder hinter dem Ofen

IX Zur Einführung

unter Tränen der Wehmut einsam las, auch Götz wurde erst viel später (1804) für die Bühne eingerichtet und war also damals ebenfalls nur ein stummes Buch; Schiller dagegen schleuderte seine Feuerreden von der Bühne herab in alle Herzen und entzündete damit Begeisterung — oder aber deren ebenso emportragende Ergänzung: Haß. Und das alles geschah zu einer Zeit, wo Goethe, von Staatsgeschäften und von dem Beginne seines unergründlich tiefen, fünfzigjährigen Nachsinnens über die Phänomene der sichtbaren Natur in Anspruch genommen, das Dichten in größeren Formen zeitweilig fast aufgegeben hatte, um es dann — mit Iphigenie und Tasso — auf einem viel höherer Niveau, jenseits aller Zeitströmungen, jenseits auch aller Möglichkeit großer populärer Wirkungen wieder aufzunehmen. So war denn Goethe — im Bewußtsein der Gebildeten — aus seiner führenden Stellung als erfolchreichster, zu den größten Hoffnungen berechtigender Poet Deutschlands gewichen, und Schiller hatte sie eingenommen. In demselben Maße war natürlich Schiller's Selbstvertrauen und Selbstbewußtsein gewachsen; er hatte seine Kräfte erprobt; er kannte sich; er wußte, daß er wert war, von Goethe gesucht und gekannt zu werden. Ein Jahr vor der ersten Begegnung mit Goethe schreibt Schiller an seinen Freund Ferdinand Huber: „...ich erkenne meine Armut, aber meinen Geist schlage ich höher an, als bisher geschehen war ... Mich selbst zu würdigen, habe ich den Eindruck müssen kennen lernen, den mein Genius auf den Geist mehrerer entschieden großer Menschen macht. Da ich diesen nun kenne und den Vereinigungspunkt ihrer verschiedenen Meinungen von mir ausfindig gemacht habe, so fehlt meinem Urteile von mir

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selbst nichts mehr. Um nun zu werden was ich soll und kann, werde ich besser von mir denken lernen und aufhören, mich in meiner eigenen Vorstellungsart zu erniedrigen.“ Dies bedingte aber bei einem Mann von Schiller's Größe keine geringere Verehrung für Goethe. Im Gegenteil, es hat vielleicht eine Zeit gegeben — gerade die Zeit um die erste Begegnung herum —‚ wo Schiller möglicherweise der einzige Mensch war, der Goethe's Überlegenheit — gerade als Dichter — über ihn selbst deutlich empfand. Schiller war sehr schnell gereift; außerdem war er von Hause aus ein exquisit kritisch-analytischer Geist; er urteilte darum scharf und richtig; er kannte sich, er kannte die anderen. Aber — auch dies sei zum Schlusse gleich hier hinzugefügt — er kannte Goethe nur nach seinen damals veröffentlichten Werken, die Hälfte seines Wesens blieb ihm also — wie allen — noch völlig verschlossen; und von dem Menschen Goethe wußte er nur, was er von der einen kurzen Phase (Weimar 1775 bis 1786) hörte, aus dem Munde von Menschen hörte, die alle — mit einziger Ausnahme Herder's — völlig unfähig waren, einen Goethe in seinem Wesen zu beurteilen. Wie Herder urteilte, ersieht man aus den wundervollen Worten in Schiller's Brief an Körner vom 12. 8. 1787: „Herder gibt ihm einen klaren, universalen Verstand, das wahrste und innigste Gefühl, die größte Reinheit des Herzens! Alles, was er ist, ist er ganz, und er kann, wie Julius Cäsar, vieles zugleich sein. Nach Herder's Behauptung ist er rein von allem Intriguengeist, er hat wissentlich noch niemand verfolgt, noch keines andern Glück untergraben. Er liebt in allen Dingen Helle und Klarheit, selbst im kleinen seiner politischen

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Geschäfte, und mit eben diesem Eifer haßt er Mystik, Geschraubtheit, Verworrenheit ... Ihm ist er ein allumfassender Geist.“ Schiller traut aber dem Urteil Herder's nicht, und sagt immer: Herder   g i b t   ihm Verstand ... Herder   w i l l   ihn bewundert wissen, usw. War also Schiller's Wertschätzung Goethe's eine hohe und aufrichtige, so führte ihn doch — wie das häufig geschieht — gerade die Schärfe seines Urteils in mancher Beziehung bedenklich irre, was aus seinem Briefwechsel mit Körner leicht zu belegen wäre.
    So trat Schiller Goethe entgegen; wie nun sah es in Goethe's Herzen aus?
    Diese Frage ist weit schwerer zu beantworten, weil bei Goethe Charakter und Intellekt verwickelter — oder wie Goethe sich gern ausdrückt „verschränkter“ — angelegt sind als bei Schiller. Goethe gleicht, wie oben gesagt, der Natur: das scheinbar logisch Widersprechende ist bei ihm zu einer organischen Einheit verknüpft. Darum gehört zum Verständnis Goethe's mehr, als die bloße logische Rede geben kann, es gehört dazu ein Erschauen, es gehört ein Etwas, was er selber als Wirkung der Musik schildert: daß sie „die geballte Faust freundlich flach läßt“. Schiller reißt uns mit sich hin, wir mögen wollen oder nicht, Goethe erfordert Hingabe. Nicht nur physisch — in seinen heroisch getragenen Leiden — war Schiller's Zustand der des Kampfes, auch geistig ist sein Wesen die Ekstase, die Dithyrambe, der gewaltsame Kampf der Seele gegen die Natur; er ist ein Held, er ist ein Gigant, der Götter stürzt und an ihrer Stelle neue inthronisiert. Bei Goethe ist dagegen aller Kampf nach innen verlegt; wie in den Eingeweiden unserer Mutter Erde bleibt das

XII Zur Einführung

Toben der widerstreitenden Elemente dem Auge unsichtbar, dem Ohre unhörbar, und nur selten mahnt ein vulkanartiger Ausbruch der Leidenschaft oder eine plötzliche Erkrankung, die den gesunden Mann in wenigen Stunden bis an die Tore des Todes führt, —

Schon rast's und reißt in meiner Brust gewaltsam,
Wo Tod und Leben grausend sich bekämpfen

— an das große Werk des Gärens und Reifens, das ungesehen im Innern vor sich geht. Ruhe, Harmonie, Versöhnung zwischen den feindlichen Gewalten — auch zwischen Mensch und Natur, zwischen Ideal und Instinkt, zwischen Sollen und Wollen, zwischen dem Traum und dem Schicksal — das ist Goethe's Ziel, das ist, was er in sich selber erleben, verwirklichen will. Goethe ist sich aber dieser seiner Eigenart weit später als Schiller sich der seinen bewußt geworden. Von Schiller berichtet Goethe: „Es war nicht seine Sache, mit einer gewissen Bewußtlosigkeit und gleichsam instinktmäßig zu verfahren, vielmehr mußte er über jedes, was er tat, reflektieren“ (Eckermann 14. 11. 1823); hingegen gehörte eine breite Grundlage des unbewußten Lebens und Schaffens dazu, um das zu werden, was Goethen bestimmt war. Goethe mußte sich gewissermaßen selber als unbewußte Naturerscheinung erblicken, ehe er sein Selbst begreifen konnte. Über diesen Vorgang des allmählichen Sichbewußtwerdens Goethe's und über die Lebenskrisis, die er bedingte, ist hier nicht der Ort, näher zu berichten; das würde viel zu weit führen. Es genüge zu sagen, daß der Aufenthalt in Italien, 1786—1788, den Höhepunkt der Krisis darstellt; hier folgt auf die größte Unklarheit über sich die endgültige Einkehr in sich, der Entschluß, ein neues,

XIII Zur Einführung

zielbewußtes Leben zu beginnen. Der Goethe, der aus Italien heimkehrt, ist ein anderer Mann als der Goethe, der zwanzig Monate vorher hingeflüchtet war — nicht, weil er innerlich ein anderer geworden ist, sondern weil er jetzt die wunderbarste aller Erscheinungen, sein eigenes Selbst, erblickt, erkannt, begriffen hat, und nunmehr entschlossen ist, der lückenlosen, überzeugenden Ausgestaltung dieses Phänomens sich ungeteilt zu widmen. Wohl blieb Goethen auch fernerhin manches an seinem eigenen Wesen geheimnisvoll, ja geradezu unklar; an Schiller schreibt er: „Sie werden bei näherer Bekanntschaft eine Art Dunkelheit und Zaudern bei mir entdecken, über die ich nicht Herr werden kann, wenn ich mich ihrer gleich sehr deutlich bewußt bin“ (27. 8. 1794); doch klar und unerschütterlich war hinfürder der Beschluß des Willens: der reinen Ausbildung der eigenen Persönlichkeit zu leben. Niemals in der Geschichte der Menschheit war das Objekt so ganz Subjekt, niemals hat ein Subjekt sich so rein objektiv erfaßt.
    Und nun, als fast vierzigjähriger Mann, der endgültig aus Wolken und Sturm in die errungene Klarheit des Tages getreten ist, vor sich ein unendlich ferner, aber in ruhiger Fahrt — wenn auch vielleicht erst nach Jahrhunderten (was bedeutet für einen solchen Mann die Zeit?) .... vor sich ein unendlich ferner, aber sicher dereinst zu erreichender Horizont, — jetzt, wo er nur eines will: Ruhe um sich und in sich, die „Kindesruh“ (wie es im Faust heißt) und Gelassenheit und Impassibilität der Natur ..... jetzt stört ihn aus jedem Munde der Name „Friedrich Schiller“ auf, er vernimmt von den unerhörten Erfolgen, er findet beim Wiederbetreten des deutschen Bodens alle Welt in die Betrachtung des neuen

XIV Zur Einführung

Sternes an dem Himmel deutscher Sprache, Poesie und Bühnendichtung schwärmerisch versenkt! Selbst wenn man einzig das Formelle in Betracht zieht, wie konnte der Mann, der soeben   I p h i g e n i e   und   T a s s o   gedichtet hatte, ohne Widerwillen die   R ä u b e r   lesen? „Schiller's Räuber widerten mich äußerst an“, gesteht er auch buchstäblich. Und das betrifft erst die Oberfläche. Die ganze Geistesrichtung war es, die Goethe notwendig abstoßen mußte: das Gewaltsame, das Politische, das Demagogische, das phrasenreich Deklamatorische, das logisch Didaktische. Alles und jedes war den Idealen Goethe's — so mußte es scheinen — direkt entgegengesetzt. Und war Goethe auch wenig oder fast garnicht eitel, um so größer war sein Stolz, sein sicheres Bewußtsein des eigenen Wertes; nicht mit Unrecht hatte er glauben können, die Führerschaft in dem Werdegang der deutschen Literatur zu besitzen; der Sturm und Drang sollte jetzt vorbei, überwunden, vergessen sein, die neuen Wege waren schon ausgedacht und angebahnt ... Und gerade in diesem Augenblick tritt der Neuling mit den Prophetengebärden auf, reißt die Herrschaft an sich, gewinnt über Nacht alle Herzen und vernichtet mit einem Schlage, was Goethe aus reifer Überzeugung für die Kultur seines Volkes geplant hatte: „Die reinsten Anschauungen suchte ich zu nähren und mitzuteilen — und nun fand ich mich zwischen Ardinghello und Franz Moor eingeklemmt.“
    Es läßt sich nicht in Abrede stellen, und es darf auch nicht aus kleinlichen Beschönigungsrücksichten geleugnet werden, daß Goethe am 7. September 1788 Schiller nicht mit freundlichen Gefühlen entgegentrat. In seiner Brust herrschte eine starke Voreingenommenheit.

XV Zur Einführung

    Und noch ein letztes muß zur völligen Klarlegung der Situation gesagt werden.
    Als Schiller und Goethe sich zum ersten Male begegneten, waren beide schon reich an Welterfahrung; die schützende, abwehrende Gebärde, die das unschuldige Gemüt noch nicht kennt, der Weltmann aber nicht entbehren kann, war darum bei beiden entwickelt, bei beiden aber verschieden. Der Grundzug in Schiller's natürlichem Verhalten gegen andere war die Großmut, bei Goethe dagegen war er die Naivität. Wird nun der großmütige Mensch durch schlechte Erfahrungen gewitzigt, so entwickelt sich bei ihm als Schutzgebärde — wenn er genügend Seelengröße besitzt, um nicht mißtrauisch zu werden — die   V o r s i c h t,   der naive Mensch dagegen wird   v e r s c h l o s s e n,   er mißtraut sich selber. Schiller war ein Diplomat geworden und konnte sicher sein, sobald er nur aufpaßte, nie betrogen zu werden; „Schiller hatte viel mehr Lebensklugheit als ich“, bezeugt Goethe; Goethe dagegen hielt jeden aus seiner Intimität fern, bis er ihn für ganz reinen Herzens erkannt hatte. So trat denn Goethe verschlossen, Schiller vorsichtig dem künftigen Freunde entgegen; keiner gab sich, wie er war; der Großmütige war nicht großmütig, der Naive nicht naiv; jeder verhüllte sein wahres Antlitz hinter der ihm eigenen Schutzgebärde.
    Auf diese erste Begegnung habe ich starken Nachdruck legen zu sollen geglaubt, weil mir für die Ausgestaltung einer Freundschaft nichts wichtiger erscheint als ein solcher erster Eindruck. Dieser muß historisch genau und psychologisch richtig aufgefaßt werden, sonst wird alles fernere unverstanden bleiben oder — was noch schlimmer ist — falsch gedeutet werden.

XVI Zur Einführung

    Sagte ich vorhin: Goethe und Schiller hätten sich nach der Begegnung noch ferner gestanden als vor ihr, so muß ich jetzt ergänzend hinzufügen: sie erblickten sich aber trotzdem in gewissen Beziehungen besser. Die tatsächliche Gegenwart einer großen Persönlichkeit ruft in einer anderen Persönlichkeit von Bedeutung auf alle Fälle einen nachhaltigen Eindruck hervor. Wenige Wochen nach jenem Septembertage, wenige Monate nach seinen ironischen Glossen über Herder's Bewunderung schreibt Schiller (10. 12. 1788): „Goethe drückt seinen Geist allen mächtig auf, die ihm nahe kommen“; und bald nachher (25. 2. 1789): „Mit Goethe messe ich mich nicht ... Er hat weit mehr Genie als ich ...“ Goethe freilich bleibt stumm, stumm nach außen; doch ist an dem Eindruck, den er innerlich empfangen hatte, nicht zu zweifeln; nicht allein sein schnelles und energisches Eingreifen, um Schiller die Professur in Jena zu sichern, sondern in weit höherem Maße noch zeugt die ganze spätere Freundschaft dafür. Bei Goethe brauchte alles Zeit zum Reifen, — auch die Freundschaft für Schiller.
    Dazu kommt ein Wichtigeres, ein Entscheidendes. Ich weiß, ich werde zunächst Anstoß und Mißverstand erwecken, denn meine Behauptung widerspricht schnurstracks der allgemeinen Annahme, doch wird man mir bei genauerem Besinnen Recht geben: Goethe war damals für Schiller's Freundschaft   n o c h   n i c h t   r e i f.   Schiller's kurzes, schweres, von leidenschaftlicher Tat erfülltes Leben hatte eine ganz andere Entwicklungsart bedingt als die Goethen vom Schicksal vorgeschriebene; dem Kalender nach war er zehn Jahre jünger als Goethe, was aber die innere Reife, was sozusagen das Lebensstadium betrifft, so hatte der

XVII Zur Einführung

jüngere Mann den älteren bereits überholt, als sie sich das erste Mal die Hand reichten. Goethe war soeben erst zur Besinnung über sich selbst gelangt, Schiller hatte schon jede Falte seines Herzens durchsucht und schaltete mit sich als ein noch nicht ganz vollendeter, aber doch fast vollendeter Meister, — „meinem Urteil von mir selbst fehlt nichts mehr“; Goethe mußte aus tausend Elementen eine Weltanschauung aufrichten und war noch lange nicht damit fertig, Schiller

Der Sinnende, der alles durchgeprobt

war für das abstrakte Denken hoch begabt und urteilte bereits sicher und ohne Wanken und mit systematischer Genauigkeit über die meisten letzten Fragen; Goethen quälte gerade damals die Vorstellung eines nahen Todes und das Bewußtsein, daß er sich in so kurzer Zeit nicht würde vollenden können, Schiller sah dem Tode ganz nahe in die Augen und hatte die Furcht überwunden, er lebte gleichsam schon jenseits.

Er hatte früh das strenge Wort gelesen,
Dem Leiden war er, war dem Tod vertraut.

Wie stand auch moralisch — ich meine dies Wort durchaus nicht kleinlich — aber wie stand ein Schiller einem Goethe moralisch gegenüber! Schiller, der gerade in diesem Augenblick mit einem reinen, zartsinnigen, hochgebildeten Mädchen aus vornehmer Familie, fähig alles mit ihm zu teilen, was seine Seele im Innersten bewegte, den heiligen Treuebund schloß, und Goethe, der aus den Armen leichtfertiger italienischer Schönen kam und sich soeben ein nettes, hübsches, aber ungebildetes und in ihren Geschmacksrichtungen ziemlich gewöhnliches Mädchen als „lieben Bettschatz“ (wie Frau Aja sich pittoresk ausdrückt)

XVIII Zur Einführung

ins Haus genommen hatte. Mußte nicht der Vergleich auf Goethe tief wirken, auf Goethe, den eindruckszartesten aller Menschen? Kaum hatte er die Krisis seines Lebens überwunden und sich resolut von allem Bisherigen abgewendet, im Bewußtsein, hinfürder unverstanden und einsam durch die Welt gehen zu müssen, da tritt der Mann ihm entgegen, der einzig unter allen befähigt war, ihn zu verstehen. Leicht ist es, der Menge entfliehen, schwer, sich vor dem Auge verbergen, das bis auf den Grund des Herzens sieht. Der durchdringende, viel gefürchtete Blick des stolzen, bewußten, sicher urteilenden Schiller mußte auf Goethe zunächst wie eine Verletzung wirken, wie eine Verletzung seines Geheimnisses...
    So standen sich denn die beiden Männer nach der Begegnung, wenn auch ferner, nichtsdestoweniger beziehungsreicher gegenüber als vorher; der Same war gesäet worden; wohl lag er verborgen im Schoße der Zukunft, doch ist dies eine Lebensbedingung für alles, was groß und dauerhaft werden soll. Natürlich haben wir bei den Beteiligten von dem, was vorging, kein ausführliches Bewußtsein vorauszusetzen: Goethe schloß sich äußerlich gegen Schiller, Schiller innerlich gegen Goethe ab. „Öfters um Goethe zu sein, würde mich unglücklich machen“, schreibt Schiller am 2. Februar 1789 an Körner; und am 5. Februar schreibt er an Caroline von Beulwitz: „Dieser Charakter gefällt mir nicht, ich würde mir ihn nicht wünschen, und in der Nähe eines solchen Menschen wäre mir nicht wohl.“ Doch kaum sind ihm diese Worte entschlüpft, fügt der ahnungsreiche Mann hinzu: „Legen Sie dieses Urteil beiseite; vielleicht entwickelt es uns die Zukunft, oder noch besser wenn sie es widerlegt.“

XIX Zur Einführung

Wir aber, denen der ganze Verlauf der Beziehungen vor Augen liegt, wir dürfen und müssen uns über das Verborgene, über das, was in den Tiefen keimte und trieb, Rechenschaft geben, sonst bleibt Verständnis für Seelenvorgänge ein leeres Wort.
    Symptomatisch ist das Verhalten der beiden Männer in den folgenden Jahren. Nie in seinem Leben war Goethe so abgeschlossen und oftmals fast barsch wie in dieser Zeit. Seine einzige Leidenschaft war das Studium der Natur; vieles Beste, was er auf diesem Gebiete geleistet hat, stammt — als Anregung oder als Ausführung — aus diesen Jahren. Der „Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären“ erschien 1790, der „Versuch über die Gestalt der Tiere“ ist in demselben Jahre skizziert; zu gleicher Zeit beginnen die Experimente über die Farben und führen schon 1792 zu der grundlegenden Auseinandersetzung: „Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt“. Gedichtet hat Goethe dagegen in dieser Zeit erstaunlich wenig; unter dem wenigen aber eine Anzahl seiner schwächsten Sachen:   D e r   G r o ß k o p h t a,   D e r   B ü r g e r g e n e r a l,   D i e   A u f g e r e g t e n   usw. Schiller's politische Tendenzdichtung hatte ihn abgestoßen, und jetzt schrieb er selber politische und tendenziöse Dramen — aber satirische, arm an Gehalt und Wirkung! Auch Schiller's poetische Ader schien zu versiegen. Er ward Professor und widmete seine besten Kräfte der Geschichtschreibung. Das Glück der Ehe und der Familie, der Verkehr in einem großen Freundeskreise, die vielfachen Arbeiten als Herausgeber der „Thalia“ erfüllten zunächst seinen Geist und seine Zeit. In den Jahren der Entfremdung von Goethe hat Schiller kein einziges Drama geschaffen, überhaupt

XX Zur Einführung

keine Dichtungen von Belang mit Ausnahme des Lehrgedichts „Die Künstler“. Während aber Goethe sich in die Natur versenkte, versenkte sich Schiller in die Reflexion: aus dieser Zeit stammen „Über Anmut und Würde“, „Über das Pathetische“, „Über das Erhabene“, die „Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen“ (erste Fassung), „Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen“, „Über die tragische Kunst“, und noch manches dieser Art. Sobald dagegen die neue Begegnung mit Goethe — die entscheidende des Jahres 1794 — stattgefunden hatte, sobald Schiller sich fest verankert wußte in dem Herzen des allbegreifenden und allgebenden Freundes, da begann die neue, die große Epoche seines Schaffens: Wallenstein, Maria Stuart, Die Jungfrau von Orleans, Die Braut von Messina, Wilhelm Tell, Demetrius.
    Zwischen 1788 und 1794 haben sich Schiller und Goethe öfters gesehen oder geschrieben, doch nur kurz, bedeutungslos, in rein geschäftlichen Angelegenheiten. Goethe war äußerst zurückhaltend; sein Instinkt sagte ihm, daß die Zeiten noch nicht reif seien; auch Schiller, der ungestüme, der — wie wir gesehen haben — das, was kommen sollte und mußte, deutlicher als Goethe vorahnte, drängte nicht. Was groß und heilig ist, darf nicht begehrt werden; es muß — wie die Religionen sagen — uns als Gnade zuteil werden; das vom Willen selbstherrisch Ergriffene ist immer — und sei es nur stellenweise — verunstaltet. Goethe und Schiller haben beide zu warten gewußt.
    Die Stunde der Gnade kam. Alle Welt kennt Goethe's berühmte Erzählung von der Begegnung am 14. Juli 1794; ich werde sie nicht abschreiben; wer sie etwa nicht

XXI Zur Einführung

kennen sollte, schlage den Bericht „Glückliches Ereignis“ nach. *)
    Jetzt endlich hatten sich die beiden so getroffen, wie es für sie einzig sich schickte: allein, in der Nacht, auf den Höhen des menschlichen Denkens. Sofort offenbarte Goethe dem Freunde eine neue Welt, eine Welt, die uns alle umgibt, die Schiller aber — in abstraktes Sinnen, in ästhetische Meditationen, in Geschichtsstudien, in Sittenprobleme versenkt — noch nie erblickt hatte; Goethe öffnete ihm die Augen. Doch
Schiller, der Denkgewaltige, hatte noch mehr Augen für Goethe, als für das, was Goethe ihm zeigte, die Urpflanze, das Urtier, die Metamorphose der Organe, die Verwandtschaft der Farben, usw. waren das alles doch Geschöpfe Goethe's, nicht Phänomene der Natur.   „D i e   A n s c h a u u n g   I h r e s   G e i s t e s — denn so muß ich den Totaleindruck Ihrer Ideen auf mich nennen“, schreibt kurz nach dem denkwürdigen Abend Schiller an Goethe! Schiller als erster entdeckte das Geheimnis dieses wunderbaren Intellektes, der nichts erblicken konnte, ohne es sofort schöpferisch zu gestalten. Goethe war mitten in einem leidenschaftlichen Vortrag; da unterbricht ihn Schiller: „das ist keine   E r f a h r u n g,   das ist eine   I d e e !“   Goethe, der naive, stutzt, wird fast
—————
    *) In vielen Ausgaben ist dieser Bericht in die „Annalen“ eingeschoben, am Schlusse des Jahres 1794, in anderen findet man ihn unter der Rubrik „Biographische Einzelnheiten“ oder auch unter „Allgemeine Naturlehre“. Die Redaktionen entsprechen sich an den verschiedenen Orten nicht überall genau. Belehrung über diese durch Goethe selbst veranlaßte Unsicherheit oder Vielfältigkeit der Einordnung findet man in der Weimarer Ausgabe, 1. Abt., 36. Bd., S. 437 ff.

XXII Zur Einführung

ärgerlich; nach und nach aber geht ihm auf, Schiller habe mit diesem einen Worte — wie mit einem Blitzstrahl — bis in die tiefste Tiefe seines ihm selber unbekannten Intellektes hineingeleuchtet. Er hatte geglaubt, Schiller eine Welt zu zeigen: sich selber hatte er ihm in Wirklichkeit offenbart.
    So ergänzte sich denn bei dieser ersten wahren Begegnung das gegenseitige Geben und Nehmen in eigentümlicher Weise; so blieb es auch in der Folge.
    Goethe — die Welt Goethe's — ward nunmehr für Schiller eine Art Element, ein Element, in dem er dichterisch wiedergebar, was er sonst nur abstrakt erfaßt hatte, weswegen ihm bisher gar manches unerkannt geblieben war. Um uns der Schillerschen Denkweise anzunähern, können wir sagen: Goethe ward für ihn ein Spiegel, ein Zauberspiegel. Man darf gewiß behaupten, keine einzige der großen Bühnengestalten aus Schiller's zehn letzten Lebensjahren wäre ohne Goethe's Gegenwart entstanden. Nicht etwa, daß Goethe sie eingegeben hätte, nicht etwa, daß sie nicht von Kopf bis zu Fuß Schiller's Geschöpfe gewesen wären, aber in dem Verkehr mit Goethe gewann für Schiller alles, was er sah und erdichtete, beziehungsreichere Umrisse. Wenn er, der Denker, in ihm, dem Schauer, die Dinge erblickte, waren sie für ihn durchsichtig. Seine poetischen Schöpfungen wurden unausdenkbar, enigmatisch, lebenswahr. Von Goethe darf man nicht behaupten, er sei ein „Seher“ gewesen, — denn dies bedeutet immer eine Exazerbation des Nerven- und Hirnlebens, also das genaue Gegenteil dessen, was für sein Wesen bezeichnend war; die seherische Gewalt aber, die in Schiller's Werken aus dem Höhepunkte seines Schaffens

XXIII Zur Einführung

Unvergleichliches an menschlichen Gestalten schuf, sie hatte der Dichter an Goethe gewonnen.
    Insofern dürfen wir auch gewiß behaupten, Schiller, der Dichter, habe mehr von Goethe gewonnen, als Goethe, der Dichter, von Schiller. Wohl ist Goethe von Schiller zur Wiederaufnahme seines dichterischen Schaffens angeeifert worden; außerdem mußte die in jede einzelne Absicht genial eindringende, freimütig-kritische Auffassung seiner Dichtungen durch Schiller — wovon man in diesem Briefwechsel unschätzbare Beispiele findet — viel Anregung und manche Belehrung verschaffen; doch berührt das alles mehr die Oberfläche. In früherer Zeit hätte Schiller's Einfluß für Goethe's Dichten leicht verderblich werden können; jetzt war es ihm unzugänglich; und während Schiller alle seine Pläne Punkt für Punkt mit Goethen durchsprach, verheimlichte Goethe die seinen so viel es anging; das eine Beispiel genügt: Hermann und Dorothea war bei seiner Vollendung für Schiller eine Überraschung. Wo Schiller später in Werke Goethe's tätig eingriff, so z. B. bei der Aufführung Egmont's, war es immer zum Schaden des Werkes. „Ich hatte nur immer zu tun, daß ich feststand und seine wie meine Sachen von solchen Einflüssen freihielt und schützte“, sagt Goethe zu Eckermann (23. 3. 1829).
    Dagegen hat Schiller auf die ganze Entwicklung, oder vielmehr Entfaltung des Goetheschen Geistes einen geradezu unermeßlichen Einfluß ausgeübt; erst durch Schiller erreichte Goethe den höchsten Grad der Klarheit über sein eigenes SeIbst. War Goethe für Schiller ein Spiegel, so war Schiller für Goethe eine Leuchte. Zur lückenlosen Einsicht in das Getriebe seines eigenen Geistes ist Goethe

XXIV Zur Einführung

allerdings nie gelangt; das war durch die Beschaffenheit dieses Geistes ausgeschlossen; doch hat das Licht, das Schiller über den Gegenstand warf, sehr viel zur philosophischen Vertiefung seiner ganzen Auffassung der Natur, seiner Weltanschauung und seiner Lebensweisheit beigetragen. Bisher hatte Goethe zwischen einem ziemlich seichten, spinozistisch angehauchten, unklar pantheistischen Mystizismus und einem gesunden, aber derben, naiven Naturalismus hin- und hergeschwankt. Durch Schiller wurde er auf das eigene Unbewußtsein, auf die Konfusion in seinem Denken aufmerksam gemacht; gleich am ersten Abend — wir sahen es vorhin — zeigte ihm Schiller, daß er nicht einmal zwischen einer aus der empirischen Natur gewonnenen   E r f a h r u n g   und einer im eigenen Innern entsprungenen   I d e e   zu unterscheiden wisse; dann führte er ihn — so weit es gelingen wollte — in die wahre Kritik der Erkenntnis ein, wie sie Plato begründet und Immanuel Kant gerade in jenem Augenblick zur vollendeten Klarheit entwickelt hatte. Doch die theoretische Belehrung allein hätte gerade bei einem Goethe wenig oder nichts genützt, wenn nicht die Erfahrung eines Genies, das in dieser metaphysischen Welt lebte und aus ihr heraus Unvergängliches schuf, mit unbewußter Notwendigkeit zu einer Gestaltung und Umgestaltung seiner eigenen Anschauungen geführt hätte.
    In Goethe hatte ein Schatz an Idealismus nicht nur des Gemütes, sondern auch des Denkens sozusagen latent gelegen; die vielen Interessen des mächtigen Verstandes und die ganze praktische, vernünftige, fast spießbürgerliche Anlage hatte, wenn nicht den Schatz verdeckt, so doch auf ihm gelastet. Nach Überwindung des jugendlichen Über-

XXV Zur Einführung

mutes war Goethe's ganzes Bestreben darauf gerichtet gewesen, sich innerhalb des Erreichbaren, Gegenwärtigen zu begrenzen, zu beschränken; es war, als wolle er sich selber die Flügel binden. Schiller deckte diese Selbsttäuschung auf. Denn in Wirklichkeit — wie vorhin angedeutet — lag der Horizont, auf den Goethe zusteuerte, unendlich fern; das gerade war es, was eine so gewaltige Selbstbeherrschung erforderlich machte. Goethe gestaltet Zukunft. Und so schreibt denn Schiller an Goethe: „Sie können niemals gehofft haben, daß Ihr Leben zu einem solchen Ziele zureichen werde; aber einen solchen Weg auch nur einzuschlagen, ist mehr wert als jeden andern zu endigen.“ Goethe sieht es ein und antwortet: „Ich fühle sehr lebhaft, daß mein Unternehmen das Maß der menschlichen Kräfte und ihre irdische Dauer weit übersteigt...“ Das ist nunmehr bewußter Idealismus der Gesinnung.
    Hat also die Einwirkung Goethe's auf Schiller namentlich in einer Erweiterung des Gesichtskreises und in einer Schärfung des Blickes bestanden, so betätigt sich der entsprechende Einfluß Schiller's auf Goethe in einer Aufklärung der eigenen Seele; die dunklen Tiefen dieses unergründlichen Geistes werden — wenigstens bis zu einem gewissen Grade — aufgehellt. Und dies mußte notwendig auch auf sein Dichten zurückwirken. „Von der ersten Annäherung an,“ schreibt Goethe über seine Freundschaft mit Schiller, „war es ein unaufhaltsames Fortschreiten philosophischer Ausbildung und ästhetischer Tätigkeit... Für mich war es ein neuer Frühling, in welchem alles froh nebeneinander keimte und aus aufgeschlossenen Samen und Zweigen hervorging.“ Ohne Schiller wäre

XXVI Zur Einführung

der zweite Teil des Faust nie gedichtet worden; nie hätte Goethe den Vers geschrieben:

Den lieb' ich, der Unmögliches begehrt.

    Bald nach der entscheidenden Begegnung des Jahres 1794 beginnt der Briefwechsel.
    Das eine möge der Leser wohl bedenken: dieser Briefwechsel ist nur ein Bruchstück aus dem Verkehr zwischen Schiller und Goethe. Das beste, was die beiden sich zu geben hatten, gaben sie sich mündlich. So oft es zu ermöglichen war, brachten sie Tage, manchmal auch Wochen zusammen zu, sei es in Jena, sei es in Weimar; später (1799) zog Schiller ganz nach Weimar; die Freunde trafen sich täglich auf der Bühne, fuhren zusammen aus, schlossen sich in des einen oder des anderen Arbeitsstube ein; sie hatten nicht nötig, einander Briefe zu schreiben. So sind denn sehr viele Briefe — namentlich von seiten Goethe's — nur als kurze Notizen zu benutzen, aus denen wir verfolgen können, welche Gegenstände durchgesprochen worden waren oder werden sollten. Nicht selten gleichen diese Mitteilungen Schattenbildern an der Wand und reizen unsere Neugier, ohne daß uns etwas Wesenhaftes in den Händen bliebe. Dennoch überspringe man keine Seite; denn zwischen den Zeilen selbst der scheinbar inhaltslosen Briefe schlummern — dem Unaufmerksamen verborgen — gute Geister, die dem Aufmerksamen gar manches anzuvertrauen haben.
    Ich halte es nicht für schicklich, da, wo Goethe und wo Schiller reden, zu ihren Worten noch meine Betrachtungen zu liefern. Den ehrenvollen Auftrag, zu diesem unvergänglichen Werke eine Einleitung zu schreiben, konnte

XXVII Zur Einführung

ich nur als eine Veranlassung betrachten, den Leser von dem großen kulturellen Wert dieses Briefwechsels zu überzeugen; das aber nötigte mich, ihm dasjenige vorzuführen, was dem Briefwechsel voranging und was ihn — als unsichtbare Atmosphäre — umgibt; hingegen eine eingehende kritische Würdigung und ein fortlaufendes Kommentar zwar manches Interessante bringen könnten, hier jedoch schlecht am Platze wären.
    Was unsere Zeit braucht, was unsere Zeit sucht, sind freie, festgegründete Persönlichkeiten. Wir ersticken unter Tatsachenüberfülle, und büßen dabei an Kraft und Mut und Urteil ein. Auch darunter leiden wir schwer, daß eine gewisse Art von nüchterner Durchschnittsbegabung dieser Last am besten standhält und somit die führende Stellung im Leben an sich reißt zum Nachteil edlerer Elemente. Schiller und Goethe haben die Anfänge dieser Wandlung erlebt und haben beide vorausgesehen, wohin sie notwendig führen mußte. Schiller spricht von den „Schlachtopfern des Fleißes“ und sieht um sich herum eine Zeit entstehen, in der „der tote Buchstabe den lebendigen Verstand vertritt, und ein geübtes Gedächtnis sicherer als Genie und Empfindung leitet“. Mahnend richtet er an das kommende Jahrhundert die Frage: „Kann wohl der Mensch dazu bestimmt sein, über irgend einem Zwecke sich selbst zu versäumen?“ Und weise lehrt er uns einsehen: durch Verbreitung der Wissensfläche „ergreifen“ wir zwar immer mehr, doch hängt das „Begreifen“ von der „Kraft und Tiefe der Persönlichkeit“ und von der „Freiheit ihrer Vernunft“ ab. Goethe anzuführen dürfte kaum nötig sein. Ich schlage auf gut Glück die Briefe an Zelter auf und höre, wie er klagt, die ganze Christenheit „verliert sich in

XXVIII Zur Einführung

den Minuten des grenzenlos Mannigfaltigen“, wie er es (1829) als „die Tendenz der Zeit“ bezeichnet: „alles ins Schwache und Jämmerliche herunterzuziehen“, und wie er selbst in den gelehrten Wissenschaften „die Masse der unzulänglichen Menschen, die einwirken und ihre Nichtigkeit aneinander auferbauen“, für verderbendrohend ansieht. In dieser selben Sammlung — eine unentbehrliche Ergänzung zu dem vorliegenden Briefwechsel — finden wir den ergreifenden Hinweis auf Schiller: „Schillern war die Christustendenz eingeboren, er berührte nichts Gemeines, ohne es zu veredeln.“
    Die Veredlung! Das ist, was wir in dem Verkehr mit Goethe und mit Schiller suchen. Das ist ihre lebendige Bedeutung für unsere kreißende Zeit. Nur in zweiter Reihe interessiert uns das Literarische, das Historische und das Ästhetisch-Theoretische, das diese Briefe in so reicher und anregender Fülle aufgespeichert bewahren. Das alles ist Mittel zum Zweck; und der Zweck ist: diese zwei großen Persönlichkeiten in dem folgenschwersten Augenblick ihres Wachsens und Werdens so tief und so genau wie irgend möglich zu erfassen, auf daß wir selber, im Innersten
bereichert und geläutert, an ihnen emporwachsen.

Houston Stewart Chamberlain



XXIX


Schmuck


XXX An Seine Majestät den König von Bayern


Allerdurchlauchtigster,
Allergnädigst regierender König und Herr,

    In Bezug auf die von Ew. Königl. Majestät zu meinem unvergeßlichen Freunde gnädigst gefaßte Neigung mußte mir gar oft, bei abschließlicher Durchsicht des mit ihm vieljährig gepflogenen Briefwechsels, die Überzeugung beigehen: wie sehr demselben das Glück, Ew. Majestät anzugehören, wäre zu wünschen gewesen. Jetzt da ich nach beendigter Arbeit von ihm abermals zu scheiden genötigt bin, beschäftigen mich ganz eigene, jedoch dieser Lage nicht ungemäße Gedanken.
    In Zeiten, wenn uns eine wichtige, auf unser Leben einflußreiche Person verläßt, pflegen wir auf unser eigenes Selbst zurückzukehren, gewohnt nur dasjenige schmerzlich zu empfinden, was wir persönlich für die Folge zu entbehren haben. In meiner Lage war dies von der größten Bedeutung: denn mir fehlte nunmehr eine innig vertraute Teilnahme, ich vermißte eine geistreiche Anregung und was nur einen löblichen Wetteifer befördern konnte. Dies empfand ich damals aufs schmerzlichste; aber der Gedanke, wie viel auch er von Glück und Genuß verloren, drang sich mir


XXXI An Seine Majestät den König von Bayern

erst lebhaft auf, seit ich Ew. Majestät höchster Gunst und Gnade, Teilnahme und Mitteilung, Auszeichnung und Bereicherung, wodurch ich frische Anmut über meine hohen Jahre verbreitet sah, mich zu erfreuen hatte.
    Nun ward ich zu dem Gedanken und der Vorstellung geführt, daß auf Ew. Majestät ausgesprochene Gesinnungen dieses alles dem Freunde in hohem Maße wiederfahren wäre; um so erwünschter und förderlicher, als er das Glück in frischen vermögsamen Jahren hätte genießen können. Durch allerhöchste Gunst wäre sein Dasein durchaus erleichtert, häusliche Sorgen entfernt, seine Umgebung erweitert, derselbe auch wohl in ein heilsameres besseres Klima versetzt worden, seine Arbeiten hätte man dadurch belebt und beschleunigt gesehen, dem höchsten Gönner selbst zu fortwährender Freude, und der Welt zu dauernder Erbauung.

    Wäre nun das Leben des Dichters auf diese Weise Ew. Majestät gewidmet gewesen, so dürfen wohl auch diese Briefe, die einen wichtigen Teil des strebsamsten Daseins darstellen, Allerhöchstdenenselben bescheiden vorgelegt werden. Sie geben ein treues unmittelbares Bild und lassen erfreulich sehen: wie in Freundschaft und Einigkeit mit manchen untereinander Wohlgesinnten, besonders auch mit mir, er unablässig gestrebt und gewirkt und, wenn auch körperlich leidend, im Geistigen doch immer sich gleich und über alles Gemeine und Mittlere stets erhaben gewesen.

    Seien also diese sorgfältig erhaltenen Erinnerungen hiemit zur rechten Stelle gebracht, in der Überzeugung, Ew. Majestät werden gegen den Überbliebenen, sowohl aus eigner höchster Bewegung, als auch um des abgeschiedenen Freundes willen, die bisher zugewandte Gnade fernerhin

XXXII An Seine Majestät den König von Bayern

bewahren, damit, wenn es mir auch nicht verliehen war, in jene ausgebreitete königliche Tätigkeit eingeordnet mitzuwirken, mir doch das erhebende Gefühl fortdaure, mit dankbarem Herzen die großen Unternehmungen segnend, dem Geleisteten und dessen weitausgreifendem Einfluß nicht fremd geblieben zu sein.
    In reinster Verehrung mit unverbrüchlicher Dankbarkeit lebenswierig verharrend

Weimar, den 18. Oktober 1829

Ew. Königl. Majestät
alleruntertänigster Diener
Johann Wolfgang von Goethe




INHALTSÜBERSICHT

Aus dem Jahre 1794
  1. 13. Juni 1794, an Goethe
  2. 24. Juni 1794, an Schiller
  3. 25. Juni 1794, an Schiller
  4. 23. August 1794, an Goethe
  5. 27. August 1794, an Schiller
  6. 30. August 1794, an Schiller
  7. 31. August 1794, an Goethe
  8. 04. September 1794, an Schiller
  9. 07. September 1794, an Goethe
  10. 10. September 1794, an Schiller
  11. 12. September 1794, an Goethe
  12. 29. September 1794, an Goethe
  13. 1. Oktober 1794, an Schiller
  14. 1. Oktober 1794, an Schiller
  15. 8. Oktober 1794, an Schiller
  16. 8. Oktober 1794, an Goethe
  17. 17. Oktober 1794, an Goethe
  18. 19. Oktober 1794, an Schiller
  19. Oktober 1794, an Schiller
  20. 20. Oktober 1794, an Goethe
  21. 26. Oktober 1794, an Schiller
  22. 28. Oktober 1794, an Goethe
  23. 28. Oktober 1794, an Schiller
  24. 1. November 1794, an Schiller
  25. 16. November 1794, an Goethe
  26. 27. November 1794, an Schiller
  27. 29. November 1794, an Goethe
  28. 2. Dezember 1794, an Schiller
  29. 3. Dezember 1794, an Goethe
  30. 5. Dezember 1794, an Schiller
  31. 6. Dezember 1794, an Goethe
  32. 6. Dezember 1794, an Schiller
  33. 9. Dezember 1794, an Goethe
  34. 10. Dezember 1794, an Schiller
  35. 22. Dezember 1794, an Goethe
  36. 23. Dezember 1794, an Schiller
  37. 25. Dezember 1794, an Schiller
Aus dem Jahre 1795
  1. 2. Januar 1795, an Goethe
  2. 3. januar 1795, an Schiller
  3. 7. Januar 1795, an Schiller
  4. 7. Januar 1795, an Goethe
  5. 10. Januar 1795, an Schiller
  6. 25. Januar 1795, an Goethe
  7. 27. Januar 1795, an Schiller
  8. 28. Januar 1795, an Goethe
  9. 11. Februar 1795, an Schiller
  10. 18. Februar 1795, an Schiller
  11. 19. Februar 1795, an Goethe
  12. 21. Februar 1795, an Schiller
  13. 22. Februar 1795, an Goethe
  14. 25. Februar 1795, an Schiller
  15. 27. Februar 1795, an Goethe
  16. 28. Februar 1795, an Schiller
  17. 1. März 1795, an Goethe
  18. 8. März 1795, an Goethe
  19. 11. März 1795, an Schiller
  20. 18. März 1795, an Schiller
  21. 19. März 1795, an Schiller
  22. 19. März 1795, an Goethe
  23. 21. März 1795, an Schiller
  24. 25. März 1795, an Goethe
  25. 3. Mai 1795, an Schiller
  26. 4. Mai 1795, an Goethe
  27. 12. Mai 1795, an Schiller
  28. 15. Mai 1795, an Goethe
  29. 16. Mai 1795, an Schiller
  30. 16. Mai 1795, an Schiller
  31. 17. Mai 1795, an Schiller
  32. 18. Mai 1795, an Goethe
  33. 18. Mai 1795, an Schiller
  34. 21. Mai 1795, an Goethe
  35. 10. Juni 1795, an Schiller
  36. 11. Juni 1795, an Schiller
  37. 12. Juni 1795, an Goethe
  38. 13. Juni 1795, an Schiller
  39. 15. Juni 1795, an Goethe
  40. 18. Juni 1795, an Schiller
  41. 19. Juni 1795, an Goethe
  42. 27. Juni 1795, an Schiller
  43. 6. Juli 1795, an Goethe
  44. 8. Juli 1795, an Schiller
  45. 19. Juli 1795, an Schiller
  46. 20. Juli 1795, an Goethe
  47. 29. Juli 1795, an Schiller
  48. 11. August 1795, an Goethe
  49. 17. August 1795, an Schiller
  50. 17. August 1795, an Goethe
  51. 17. August 1795, an Schiller
  52. 18. August 1795, an Schiller
  53. 21. August 1795, an Schiller
  54. 22. August 1795, an Goethe
  55. 22. August 1795, an Schiller
  56. 24. August 1795, an Schiller
  57. 29. August 1795, an Schiller
  58. 29. August 1795, an Goethe
  59. 31. August 1795, an Goethe
  60. 3. September 1795, an Schiller
  61. 7. September 1795, an Schiller
  62. 9. September 1795, an Goethe
  63. 13. September 1795, an Goethe
  64. 14. September 1795, an Schiller
  65. 16. September 1795, an Schiller
  66. 18. September 1795, an Goethe
  67. 23. September 1795, an Schiller
  68. 26. September 1795, an Schiller
  69. 2. Oktober 1795, an Goethe
  70. 3. Oktober 1795, an Schiller
  71. 6. & 10. Oktober 1795, an Schiller
  72. 13. Oktober 1795, an Schiller
  73. 16. Oktober 1795, an Schiller
  74. 16. Oktober 1795, an Goethe
  75. 17. Oktober 1795, an Schiller
  76. 19. Oktober 1795, an Goethe
  77. 24. Oktober 1795, an Goethe
  78. 25. Oktober 1795, an Schiller
  79. 26. Oktober 1795, an Goethe
  80. 28. Oktober 1795, an Schiller
  81. 1. November 1795, an Goethe
  82. 1. November 1795, an Schiller
  83. 4. November 1795, an Goethe
  84. 20. November 1795, an Goethe
  85. 21. November 1795, an Schiller
  86. 23. November 1795, an Goethe
  87. 25. November 1795, an Schiller
  88. 29. November 1795, an Schiller
  89. 29. November 1795, an Goethe
  90. 8. Dezember 1795, an Goethe
  91. 9. Dezember 1795, an Schiller
  92. 13. Dezember 1795, an Goethe
  93. 15. Dezember 1795, an Schiller
  94. 17. Dezember 1795, an Goethe
  95. 17. Dezember 1795, an Schiller
  96. 23. Dezember 1795, an Goethe
  97. 23. Dezember 1795, an Schiller
  98. 25. Dezember 1795, an Goethe
  99. 26. Dezember 1795, an Schiller
  100. 29. Dezember 1795, an Goethe
  101. 30. Dezember 1795, an Schiller
  102. 30. Dezember 1795, an Goethe
Aus dem Jahre 1796
  1. 2. Januar 1796, an Schiller
  2. 17. Januar 1796, an Goethe
  3. 18. Januar 1796, an Goethe
  4. 20. Januar 1796, an Schiller
  5. 22. Januar 1796, an Goethe
  6. 23. Januar 1796, an Schiller
  7. 24. Januar 1796, an Goethe
  8. 27. Januar 1796, an Schiller
  9. 27. Januar 1796, an Goethe
  10. 30. Januar 1796, an Schiller
  11. 31. Januar 1796, an Goethe
  12. 4. Februar 1796, an Schiller
  13. 5. Februar 1796, an Goethe
  14. 7. Februar 1796, an Goethe
  15. 10. Februar 1796, an Schiller
  16. 12. Februar 1796, an Schiller
  17. 12. Februar 1796, an Goethe
  18. 13. Februar 1796, an Schiller
  19. Anfang März 1796, an Goethe
  20. 18. März 1796, an Goethe
  21. 21. April 1796, an Schiller
  22. 21. April 1796, an Goethe
  23. Anfang Mai 1796, an Schiller
  24. 20. Mai 1796, an Schiller
  25. Ende Mai 1796, an Schiller
  26. 10. Juni 1796, an Goethe
  27. 10. Juni 1796, an Schiller
  28. 12. Juni 1796, an Goethe
  29. 14. Juni 1796, an Schiller
  30. 17. Juni 1796, an Goethe
  31. 18. Juni 1796, an Schiller
  32. 18. Juni 1796, an Goethe
  33. 20. Juni 1796, an Goethe
  34. 22. Juni 1796, an Schiller
  35. 24. Juni 1796, an Goethe
  36. 25. Juni 1796, an Schiller
  37. 26. Juni 1796, an Schiller
  38. 27. Juni 1796, an Goethe
  39. 28. Juni 1796, an Goethe
  40. 29. Juni 1796, an Schiller
  41. 1. Juli 1796, an Schiller
  42. 2. Juli 1796, an Goethe
  43. 3. Juli 1796, an Goethe
  44. 5. Juli 1796, an Goethe
  45. 5. Juli 1796, an Schiller
  46. 6. Juli 1796, an Goethe
  47. 7. Juli 1796, an Schiller
  48. 8. Juli 1796, an Goethe
  49. 9. Juli 1796, an Schiller
  50. 9. Juli 1796, an Schiller
  51. 9. Juli 1796, an Goethe
  52. 11. Juli 1796, an Goethe
  53. 12. Juli 1796, an Schiller
  54. 12. Juli 1796, an Goethe
  55. 13. Juli 1796, an Schiller
  56. 20. Juli 1796, an Schiller
  57. 22. Juli 1796, an Goethe
  58. 22. Juli 1796, an Schiller
  59. 25. Juli 1796, an Goethe
  60. 26. Juli 1796, an Schiller
  61. 28. Juli 1796, an Schiller
  62. 28. Juli 1796, an Goethe
  63. 30. Juli 1796, an Schiller
  64. 31. Juli 1796, an Goethe
  65. 1. August 1796, an Goethe
  66. 2. August 1796, an Schiller
  67. 5. August 1796, an Goethe
  68. 6. August 1796, an Schiller
  69. 8. August 1796, an Goethe
  70. 10. August 1796, an Schiller
  71. 10. August 1796, an Goethe
  72. 12. August 1796, an Goethe
  73. 13. August 1796, an Schiller
  74. 15. August 1796, an Goethe
  75. 16. August 1796, an Schiller
  76. 17. August 1796, an Schiller
  77. 5. Oktober 1796, an Goethe
  78. 8. Oktober 1796, an Schiller
  79. 9. Oktober 1796, an Goethe
  80. 9. Oktober 1796, an Schiller
  81. 10. Oktober 1796, an Goethe
  82. 10. Oktober 1796, an Schiller
  83. 11. Oktober 1796, an Goethe
  84. 12. Oktober 1796, an Schiller
  85. 12. Oktober 1796, an Goethe
  86. 14. Oktober 1796, an Goethe
  87. 15. Oktober 1796, an Schiller
  88. 16. Oktober 1796, an Goethe
  89. 18. Oktober 1796, an Schiller
  90. 18. Oktober 1796, an Goethe
  91. 19. Oktober 1796, an Schiller
  92. 19. Oktober 1796, an Goethe
  93. 22. Oktober 1796, an Schiller





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Aus dem Jahre 1794

Letzte Änderung am 16. Dezember 2025